Sonntag, 26. Februar 2017

Der Dornengarten von Eva Wahrburg

Der Dornengarten von Eva Wahrburg


Autor: Eva Wahrburg
Verlag: edition a
Veröffentlicht: 01.Oktober 2016
Genre: Roman
Seitenzahl:448

Klappentext:
1824: Um nicht enteignet zu werden, muss die scheue Erbin eines verarmten Gutes den von der Kirche entsandten Restaurator Herwegh bei sich aufnehmen. Maria von Eschweih, die von einem Priester sinnesfeindlich erzogen wurde, hat gelernt, Männer zu fürchten. Mit Herwegh wird ein Albtraum für sie wahr, denn er entpuppt sich als zynischer Rohling, der es gewohnt ist, Frauen körperlich zu benutzen.

Meine Meinung:
Ich sage vielen herzlichen Dank Eva Wahrburg, für das Rezensionsexemplar. Mein erstes offizielles Rezensionsexemplar, dein Buch wird was besonderes für mich bleiben.

Hier könnt ihr Evas Homepage besuchen.

Ich beginne mit dem Cover. Schlicht in Silber und braun rot gehalten, besticht es mit absoluter Eleganz. Es ist ein echtes Schmuckstück.
Diese Eleganz verläuft durch das ganze Buch. Jedes Kapitel ziert eine kleine Rose und darunter befindet sich dann die Überschrift, des jeweiligen Kapites. Sehr schön, wie ich empfinde.

Zum Inhalt.

Maria von Eschweih, könnte man durchaus mit einem scheuen Reh vergleichen. Sie lebt zurück gezogen, auf ihrem geerbten Gutshof und fertigt Übersetzungen und Abschriften kirchlicher Literatur an. Der Abt des nahegelegenen Klosters ist ihr Auftraggeber. Nach dem Tod ihres Oheim, Priester Matthäus, ist sie nahezu allein. Eine Magd und ihr Mann stehen ihr zur Seite.

Maria strahlt eine Unsicherheit aus, die man fast greifen kann. Andererseits ist sie eine für die damalige Zeit, überaus gebildete Frau.
Als der Restaurator Hagen Herwegh auf Drängen des Abtes bei ihr einquartiert wird, beginnt für Maria eine aufregende Zeit. Immer wieder wird sie mit ihren eigenen Ängsten konfrontiert. Doch woher kommen diese Ängste? Maria wurde durch die fanatisch religiöse Erziehung ihres Oheim geradewegs zu einem Opfer erzogen. Immer wieder klammert sie sich an die ihr vorgepredigten Verhaltens- und Denkweisen. Eine eigene Meinung, ein Handeln nach eigenen Gefühlen scheint ihr nicht möglich. Das ein oder andere mal hatte ich das Gefühl in das Buch tauchen zu müssen um sie zu schütteln, um im nächsten Moment sie wieder in den Arm nehmen zu müssen. Ihr Schicksal bleibt lange verborgen und man kann nur stückweise erahnen, was ihr alles widerfahren ist.

Der Restaurator Herwegh ist ein Rüpel wie er im Buche steht. Er nimmt sich was er will, schreit seine Meinung nur so heraus. Er ist für Maria anfangs das personifizierte Böse.

Auch ich war lange hin und her gerissen, ob ich ihn nun hasse oder mag. Letztendlich hat auch er ein schweres Schicksal und eine Last zu tragen, die ihn Tag um Tag knechtet.

Die Dialoge der beiden sind einzigartig. Da sie doch anscheinend in zwei verschiedenen Welten leben.

Bei einem Zwiegespräch wirft Herwegh ihr folgendes an den Kopf:

Es gibt viele Quellen für Verbitterung. Die Tragik ist, dass die meisten nie versiegen. Man muss einfach aufhören, willentlich daraus zu schöpfen.“ (S. 138)

Auch mich haben diese Worte berührt. Ich denke jeder hat schon in seinem Leben negative Erfahrungen gemacht. Die einen das Warum einfach nicht beantworten lassen. Allerdings macht es Sinn sich immer wieder die Verbitterung vor Augen zu führen. Sie sozusagen darauf ausruhen, nichts verändern zu wollen und zu sagen: Ich habe doch so viel schlechtes erlebt.

Die Dialoge der beiden regen einen immer wieder an, die eigene Einstellung zum Leben zu überdenken.

Darüber hinaus geht es nicht nur um moralisches Denken, nein, auch die Religion, das Christentum wird von Herwegh auf den Prüfstand gestellt.

Ich selbst habe mich in meinem Leben viel mit der einen oder anderen Religionsform beschäftigt. Allerdings stimme ich mit Herwegh voll überein wenn er sagt:

Die alten Götter umgeben uns all die Zeit. Sie sind im Wind, in der Sonne und im Mond. Selbst in den Bäumen.“ (S. 257)

Maria wird immer mehr in Herweghs Bann gezogen. Mit Schuld daran sind Anna und Gret. Die beiden streunenden Mädchen tauchen plötzlich aus dem Nichts auf Marias Hof auf.

Ihre Rolle wird die entscheidende Wendung herbei führen. Schließlich schwebt über allen noch das Rätsel um Maria und Herweghs Vergangenheit, Zukunft und Schicksal.

Mehr möchte ich an dieser Stelle nicht verraten.

Eva Wahrburg, ist in meinen Augen nicht nur eine Autorin. Sie ist eine wahre Künstlerin der Worte. Ihr bildlicher und fast philosophischer Schreibstil haben mich sehr beeindruckt. Es ist ihr gelungen zwischen den Zeilen unglaubliche Botschaften zu transportieren. Mich hat viel erreicht und mich das eine oder andere mal zum Nachdenken regelrecht gezwungen. Soweit ich das beurteilen kann, ist die Schreibsprache einzigartig. Die Worte ergeben eine richtige Symphonie. Toll, ich bin sehr beeindruckt, wie gewählt sich Eva ausdrücken kann.

Es ist nicht einfach so nur ein Roman. Es ist ein Buch mit Tiefe und mit Sicherheit keine leichte Kost. Für alle die nach anspruchsvoller Literatur suchen, ein Volltreffer.


"Die Dunkelheit sei schlecht? Ja. Nur braucht man sie, um einen Sinn für das Licht zu entwickeln, und für die Intensität all der Farben dazwischen. Manchmal muss man sich vom Dunkel aushöhlen lassen, um genug Raum für das Helle, das Lichte zu schaffen, es zu verstehen, wenn man es sieht. Schönheit zu begreifen." (S.283)

Von mir gibt es 5 von 5 Kleeblättern. ☘☘☘☘☘☘